Die Botschaft der EU-Mitgliedsstaaten ist enttäuschend: Nach langen Verhandlungen und trotz vieler Kompromisse lassen sie das EU-Lieferkettengesetz zunächst scheitern. Dabei wäre eine verbindliche Regelung über menschenrechtliche sowie umwelt- und klimabezogene Sorgfaltspflichten von Unternehmen in der Europäischen Union dringend notwendig! Über 130 europäische zivilgesellschaftliche Organisationen haben die belgische Ratspräsidentschaft aufgerufen, in Verhandlungen mit den Regierungen und dem Europäischen Parlament doch noch eine Lösung zu finden.
Amnesty International dokumentiert seit Jahrzehnten Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt, die im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Aktivitäten begangen werden: Sie reichen von katastrophalen Ölverschmutzungen im Nigerdelta und Zwangsarbeit auf Palmölplantagen in Indonesien bis zum erschreckenden Missbrauch von Spionagesoftware, um Menschenrechtler*innen weltweit ins Visier zu nehmen, zu schikanieren und einzuschüchtern. Die EU-Sorgfaltspflichtenrichtlinie bietet die historische Chance, Unternehmen in der Europäischen Union zur Achtung der Menschenrechte, der Umwelt und des Klimas zu verpflichten und Betroffenen einen Anspruch auf Entschädigung zu sichern.
Eine einheitliche EU-Sorgfaltspflichtenrichtlinie würde helfen, Menschenrechte auf der ganzen Welt zu stärken und sicherzustellen, dass mit Menschenrechtsverletzungen keine Profite gemacht werden. Dass gerade Deutschland durch seine Enthaltung dazu beigetragen hat, das EU-Lieferkettengesetz auf den letzten Metern zu torpedieren, ist skandalös. Die Leidtragenden dieser weitreichenden Entscheidung sind die Betroffenen: Menschen, die unter ausbeuterischen Bedingungen arbeiten, die wegen illegaler Zwangsräumungen ihr zu Hause verlieren oder durch Umweltverschmutzung krank werden.
Nachdem die Bundesregierung beschlossen hatte, sich bei der Abstimmung zur EU-Sorgfaltspflichtenrichtline („EU-Lieferkettengesetz“ = Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD) im „Ausschuss der Ständigen Vertretrer*innen der Mitgliedsstaaten“ (Comité des représentants permanents – COREPER) zu enthalten, haben sich auch andere europäische Regierungen entsprechend angeschlossen, zuletzt auch noch Frankreich mit weitreichenden Änderungsforderungen.
Die derzeitige belgische Ratspräsidentschaft hat daher am 28. Februar 2024 festgestellt, dass es keine qualifizierte Mehrheit für die zwischen dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat (also den Mitgliedsstaaten) Ende letzten Jahres einvernehmlich ausgehandelte Fassung der EU-Sorgfaltspflichtenrichtline („EU-Lieferkettengesetz“ = Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD) mehr gibt. Sie hat nun vor zu prüfen, ob es möglich ist, “die von den Mitgliedstaaten vorgebrachten Bedenken in Absprache mit dem Europäischen Parlament auszuräumen”.